Schmerzlindernde Ernährung bei Fibromyalgie

Die chronische Erkrankung Fibromyalgie löst Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat aus und ist nicht heilbar. Mit einer antientzündlichen Ernährung bei Fibromyalgie können die Schmerzen und Begleitbeschwerden jedoch gelindert werden. Ein Ernährungsplan mit geeigneten Lebensmitteln kann bei der Umsetzung helfen.

Autor:in: Dr. Ulla Bachfischer

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Kategorie: Neurologische Erkrankungen

8 Min. Lesezeit
Eine Frau mit Übergewicht sitzt auf dem Sofa und hat Kopfschmerzen. Sie wirkt erschöpft.

Was ist Fibromyalgie?

Fibromyalgie ist eine chronische Erkrankung, die sich durch leichte bis unerträgliche Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat äußert. Weitere Symptome sind Müdigkeit und Schlafstörungen. Fibromyalgie-Patient:innen neigen dazu, aufgrund der Schmerzen Depressionen und/oder einen Reizdarm zu entwickeln.

Die Fibromyalgie ist eine der häufigen Schmerzerkrankungen. 1,4 bis 6,6 % der Bevölkerung sind davon betroffen. Dennoch vergehen durchschnittlich 16 Jahre bis zur Diagnosestellung.

Wie wird Fibromyalgie diagnostiziert?

Die deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin hat einen Leitfaden entwickelt, um die Fibromyalgie als Schmerzerkrankung schneller diagnostizieren zu können:

  • Widespread Pain Index: Hierbei können Patient:innen angeben, in welchen Körperbereichen sie in den vergangenen 7 Tagen Druck- und Berührungsempfindlichkeiten verspürt haben.
  • Schmerzphänotyp: Bei vielen Betroffenen sind auch die peripheren, also oberflächlich liegenden Nerven von den Entzündungen betroffen. Anhand eines Fragebogens können Patient:innen ihre Schmerzen beschreiben. Auswahlmöglichkeiten hierfür sind z. B. Schmerzen bei leichter Berührung (durch die Bettdecke), ein Brenngefühl, Kribbel- oder Prickelgefühle, blitzartige Schmerzattacken, Taubheitsgefühl und Kälte-Wärme-Veränderungen als Auslöser für Schmerzen.
  • Symptomschweregrad: Hier sollen Patient:innen angeben, wie oft sie in den letzten 7 Tagen unter Symptomen wie Müdigkeit/Abgeschlagenheit, Beeinträchtigungen im Denkvermögen und Schlafproblemen gelitten haben. Auch Symptome wie Unterleibsschmerzen, Depression und Kopfschmerzen werden abgefragt.
  • Schmerzregionen: Ein weiteres Kriterium für den Schweregrad der Erkrankung ist die Erfassung der Schmerzregionen. Auch hier gibt es einen vorgefertigten Fragebogen, in dem Betroffene folgende Körperregionen ankreuzen können. Zur Auswahl stehen 1) rechts oben (Hand, Arm, Schulter; vorne und/oder hinten), 2) links oben (Hand, Arm, Schulter; vorne und/oder hinten), 3) rechts unten (Fuß, Bein, Hüfte; vorne und/oder hinten), 4) links unten (Fuß, Bein, Hüfte; vorne und/oder hinten) und 5) mittig (Gesicht, Kopf, Hals, Brust, Bauch, Unterleib, Rücken).
  • Depressions-Angst-Stress-Skala: Fibromyalgie geht mit einer Vielzahl an seelischen Beeinträchtigungen einher. Dabei stehen depressive Phasen, Ängste und Stress im Vordergrund. Betroffene beantworten einen Fragebogen mit über 20 Fragen, um das Ausmaß dieser Beeinträchtigungen angeben zu können.
    Die Auswertung all dieser Fragebögen ermöglicht es Ärzt:innen, eine konkrete Diagnose zu stellen.
Junger Mann sitzt auf Sofa und hat Schmerzen in der Schulter.

Die richtige Ernährung bei Fibromyalgie

Hauptziel der Ernährung bei Schmerzerkrankungen wie der Fibromyalgie ist es, keine Entzündungen zu fördern. Es geht also darum, einen anti-entzündlichen oder auch anti-inflammatorischen Ernährungsplan gegen Fibromyalgie zu entwickeln. Auch das typische Begleitsymptom des Reizdarms soll mitberücksichtigt werden.

Bei einer professionellen Ernährungsberatung für Fibromyalgie wird auf diese verschiedenen Ansatzpunkte eingegangen, sodass ein besseres Wohlbefinden erreicht wird.

Was Sie bei Fibromyalgie eher nicht essen sollten

Einige Lebensmittel und Faktoren in der Ernährung können Entzündungen fördern. An erster Stelle ist hier ganz klar Zucker zu nennen. Aber auch Schweinefleisch und Produkte daraus sind kritisch, denn sie enthalten große Mengen der entzündungs- und schmerzfördernden Fettsäure Arachidonsäure. Sie fördert Schwellungen und hat eine schmerzsteigernde Wirkung. Weizen sowie alle Produkte daraus können ebenfalls ein entzündungsförderndes Potential aufweisen.

Das Bauchfett von Betroffenen fördert durch die Bildung bestimmter Hormone ebenfalls Entzündungen im Körper. Deshalb sollte auf eine Normalisierung des Körpergewichts geachtet werden.

Was Sie bei Fibromyalgie vermehrt essen sollten

Einige Lebensmittel wirken durch ihre Inhaltstoffe schmerz- bzw. entzündungshemmend. Viele sekundäre Pflanzenstoffe und antioxidative Vitamine in Obst, Gemüse und Rohkost schützen den Körper vor Entzündungsprozessen. Von daher sollten diese pflanzlichen Lebensmittel (roh, gegart oder als Salat) ein großer Bestandteil jeder Mahlzeit sein. Generell enthalten gelbe, blaue, violette und rote Obst-und Gemüsesorten einen hohen Anteil an entzündungshemmenden Antioxidantien. Beim Obst sollte vor allem auf den Zuckergehalt geachtet werden. Beeren beispielsweise gehören zu den zuckerarmen Obstsorten.

Auch Omega-3-Fette wirken entzündungshemmend. Gute Omega-3-Fett-Quellen sind fettreiche Fische, aber auch Leinsamen und Leinöl enthalten Omega-3-Fette.
Gewürze wie Curry, das Kurkuma enthält, oder Ingwer wirken ebenfalls schmerzstillend.

Geeignete Lebensmittel für den Ernährungsplan bei Fibromyalgie (Tabelle)

Tabelle zum Download

Geeignete Lebensmittel bei Fibromyalgie

Lebensmittelgruppe

Empfehlenswert

Nicht empfehlenswert

Brot, Beilagen:
wichtig für eine ausreichende Ballaststoffzufuhr

Vollkornbrot, Haferflocken, Vollkornnudeln, Vollkornreis, Pellkartoffeln

Produkte aus Weizen, Weißbrot, Toastbrot, Croissant, geschälter Reis, Hartweizengrießnudeln, Pommes, Kroketten, Kartoffelpuffer, Fast Food, Fertigprodukte

Obst:
wichtig für entzündungshemmende Antioxidantien

Beeren, Papaya, Orange, Pflaumen, Zwetschgen

Banane, Birne, Süßkirschen, Weintrauben
Gezuckerte Obstkonserven, kandierte Früchte, Trockenobst

Gemüse:
wichtig für entzündungshemmende Antioxidantien

Alle Blattsalate, Pilze, Kräuter, Hülsenfrüchte, alle frischen Gemüsearten

Verarbeitetes und gewürztes Gemüse

Nüsse, Saaten:
wichtig für gesunde Fette, auch der entzündungshemmenden Omega-3-Fette

Alle Arten von Nüssen, Leinsamen, Chiasamen, Sesam

Gesalzene Nüsse

Fette und Öle:
wichtig für gesunde Fette, auch der entzündungshemmenden Omega-3-Fette

Leinöl, Rapsöl:
Native Öle für kalte Speisen, entsprechende Bratöle zum Erhitzen

Schweineschmalz, Butterschmalz, Palmfett, Mayonnaise, Sonnenblumenöl

Getränke (etwa 2 Liter pro Tag)

Wasser, ungezuckerter Tee, Kaffee in Maßen

Softdrinks, Fruchtsäfte, Sojadrinks, Alkohol

Fisch, Meeresfrüchte:
wichtig für entzündungshemmende Omega-3-Fette

Forelle, Heilbutt, Hering, Kabeljau, Lachs, Karpfen, Makrele, Sardinen, Sardellen, Steinbutt, Scholle, Seezunge, Thunfisch, Garnelen, Krabben

Fisch in Mayonnaise oder Sahne, panierter Fisch

Fleisch und Wurstwaren: Vorsicht wegen der entzündungsfördernden Arachidonsäure

Hühnerfleisch, Putenfleisch, Geflügelaufschnitt
Selten: Rinderfilet, Kalbfleisch, Wild, Corned Beef

Schweinefleisch, Produkte aus Schweinefleisch (Wurstwaren), Bauchspeck, Schinkenspeck, paniertes Fleisch

Eier, Milch, Milchprodukte: Vorsicht wegen dem Fettgehalt

Eier, fermentierte Milchprodukte (alles außer der reinen Milch): Kefir, Buttermilch, Joghurt, Quark, Käse

Mayonnaise, fettige Milchprodukte, gesüßte Fertigprodukte wie Pudding oder Fruchtjoghurt, Fruchtbuttermilch, Kaba

Süßes und Knabbersachen: Vorsicht wegen der entzündungsfördernden Wirkung von Bauchfett

In Maßen Zartbitterschokolade

Süßigkeiten, süße Backwaren, Salzgebäck, Chips, Flips

Umgang mit Fibromyalgie: Schmerzen durch die Ernährung lindern!

Eine Ernährung mit anti-entzündlichen Lebensmitteln und wichtigen Nährstoffen für die Muskeln und den Darm ist eine wichtige Komponente bei der Behandlung von Fibromyalgie. Unsere Ernährungsfachkräfte beraten Sie gerne und gehen dabei genau auf Ihren Schmerzgrad und ihre Begleiterscheinungen ein. So machen Sie den ersten Schritt für mehr Wohlbefinden im Alltag.

Junge Frau und junger Mann stehen in der Küche, lächeln sich an und ziehen gemeinsam an einem Stück Paprika.

Weitere Tipps für die Ernährung bei Fibromyalgie

Tryptophan als schmerzstillende Aminosäure

Tryptophan ist eine essenzielle Aminosäure, das heißt, unser Körper kann sie sich nicht selbst herstellen. Wir müssen Tryptophan also über Lebensmittel zuführen. Der Körper bildet aus Tryptophan den Stoff Serotonin. Es ist bekannt, dass hohe Serotoninspiegel die Schmerzanfälligkeit senken – ein wichtiges Ziel für die Ernährung bei Fibromyalgie. Achten Sie also auf eine regelmäßige Zufuhr von Tryptophan, damit Ihr Körper daraus den schmerzlindernden Stoff Serotonin bilden kann. Tryptophanreiche Lebensmittel sind Nüsse und Saaten (wie Sesam), Haferflocken, Erbsen und Lachs. Lebensmittel mit einem hohen Serotoningehalt sind Walnüsse, Bananen und Tomaten.

Mineralstoffe Kalzium und Magnesium sind wichtig für die Muskeln

Am einfachsten können Sie Ihren Körper gut mit den beiden Muskel-Mineralstoffen versorgen, indem Sie kalzium- und magnesiumreiches Mineralwasser trinken. Auch Leitungswasser kann hohe Kalzium- und Magnesiumkonzentrationen enthalten. Fragen Sie hier einfach mal bei Ihrem Landratsamt nach. Wenn Ihr Leitungswasser sehr kalkhaltig ist, ist dieser Kalk genau das Kalzium, das Ihre Muskeln braucht. Trinken Sie also nicht nur gefiltertes Leitungswasser. Das enthält nur noch Spuren an Kalzium.

Generell gilt: (Mineral-)Wasser ist kalziumreich, wenn es > 500 mg/Liter Kalzium enthält und magnesiumreich, wenn es mehr als 30 mg/Liter Magnesium enthält. Milchprodukte sind ebenfalls eine gute Kalziumquelle. Nüsse, Haferflocken und Vollkorngetreide liefern Magnesium.

Ein gesunder Darm stärkt die Psyche

Die Beschwerden des Reizdarms stammen nicht nur vom Darm oder bestimmten Lebensmitteln selbst. Vielmehr kann oftmals ein schlechtes psychisches Befinden wie Depression, Ängste und/oder Stress der Auslöser sein. Sie können nur versuchen, den Darm durch bestimmte Lebensmittel nicht noch weiter zu belasten. Ein gesunder Darm wirkt sich dann wieder positiv auf die Psyche aus und sollte deshalb durch die richtige Ernährung bei Fibromyalgie gefördert werden.

  1. Die Verdauung beginnt bereits im Mund mit dem Einspeicheln und Zerkleinern des Nahrungsbreis. Essen Sie also möglichst langsam und kauen Sie gut.
  2. Mehrere kleine Mahlzeiten sind oft besser verträglich als wenige große Mahlzeiten. Verkleinern Sie bei Bedarf gerne mal Ihre Hauptmahlzeiten und nehmen dafür noch eine kleine, leichte Zwischenmahlzeit ein.
  3. Fettiges und Süßes tun dem Darm nicht gut. Versuchen Sie, sich nicht zu fett- und zuckerhaltig zu ernähren.
  4. Meiden Sie von Haus aus blähende bzw. schwer verdauliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Kohlsorten oder Zwiebelgewächse.
  5. Nehmen Sie ausreichend Ballaststoffe zu sich. Ballaststoffe sind die „Leibspeise“ unserer guten Darmbakterien und tragen so zu einer gesunden Verdauung bei. Sie machen gut satt und regulieren die Verdauung. Wichtig ist, dass Sie zu ballaststoffreichen Mahlzeiten immer gut trinken, nur dann wirken sie stuhlregulierend und können Verstopfungen lindern.
  6. Fermentierte Lebensmittel sind darmgesunde Lebensmittel: Es ist gerade voll im Trend, selbst Gemüse zu fermentieren. Probieren Sie das gerne mal aus. Man kann ganz viele verschiedene Gemüsesorten fermentieren, also milchsauer einlegen. Fermentiertes Gemüse gibt es mittlerweile aber auch bereits fertig zu kaufen.

Empfohlene weitere Therapieansätze bei Fibromyalgie:

Neben Physiotherapie und Schmerztherapie sind aufgrund der psychischen Belastung eine Psychotherapie bzw. das Erlernen von Entspannungsmethoden zur Steigerung der Lebensqualität für Betroffene sehr zu empfehlen.

Eine Frau und ein Mann schneiden gemeinsam Gemüse in der Küche.

Fazit zur Ernährungsumstellung bei Fibromyalgie

Fibromyalgie ist aufgrund der Schmerzen eine sehr mürbe-machende Krankheit. Die Ernährung kann Symptome zwar lindern, wenn auch nicht komplett heilen. Eine antientzündliche Ernährungsweise bei Fibromyalgie kann Schmerzen reduzieren und so die Lebensqualität der Betroffenen steigern. Der Darm kann durch vielerlei Maßnahmen unterstützt werden, so dass Verdauungsbeschwerden deutlich minimiert werden können. Außerdem unterstützt ein gesunder Darm die Psyche. Eine Gewichtsreduktion ist aufgrund der schmerzbedingt eingeschränkten körperlichen Aktivität nicht leicht. Dennoch ist eine Reduzierung des Bauchfettes wichtig, da sie eine weitere antientzündliche Maßnahme darstellt. Eine Ernährungsberatung ist bei Fibromyalgie mit all den verschiedenen Ernährungseinflüssen sehr zu empfehlen.

Quellen:

  • Deutsche Fibromyalgie Vereinigung: Ernährungsumstellung
  • Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e. V.: DGS-Praxisleitfaden Fibromyalgie
  • Ernährungsdocs: Therapie bei Fibromyalgie