Bariatrische OP: Folgen für die Ernährung
Unter bariatrischen Operationen versteht man die Verkleinerung des Magens in unterschiedlichen Verfahren. Sie dienen der Gewichtsreduktion, aber auch einer verbesserten Lebensqualität und -erwartung. Durch die Magen-Operationen verändert sich die Ernährung im Alltag. Aber auch schon vor der OP sollte die Ernährung angepasst werden.
Was sind bariatrische Operationen?
Neben den konservativen Maßnahmen zur Gewichtsreduktion wie Ernährungs- und Bewegungsintervention haben insbesondere die bariatrischen Operationen in Deutschland erheblich zugenommen. Während 2010 rund 10.000 Operationen durchgeführt wurden, waren es 2020 bereits über 20.000 Eingriffe (1).
Nach den S3-Leitlinien zur Adipositaschirurgie (2) ist dabei das Ziel nicht primär die Gewichtsabnahme, sondern die metabolische Veränderung, die mit der Gewichtsreduktion einhergeht. Dies betrifft Veränderungen des Gesundheitszustandes, Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung der Lebenserwartung. Man spricht daher auch von „metabolischer Chirurgie“. Eine sinnvolle Ergänzung ist eine Ernährungsberatung zur bariatrischen OP.
Als am häufigsten angewandte Verfahren haben sich in Deutschland die Sleeve-Gastrektomie (Schlauchmagen) und die Bypass-Verfahren – insbesondere der Roux-en-Y-Magenbypass und der Omega-Loop – etabliert.
Wie verändert sich die Ernährung durch eine bariatrische Operation?
Veränderte Nahrungsaufnahme mit einem Schlauchmagen
Bei der Schlauchmagenbildung wird der größte Teil des Magens entfernt. Dies bewirkt die Einschränkung der Nahrungszufuhr durch Restriktion. Der schlauchförmige Restmagen kann nur wenig Nahrung aufnehmen. Zudem wird die Nahrung im Schlauchmagen weniger durchmischt und weniger zerkleinert. Daher muss die Nahrung beim Essen gründlich gekaut werden.
Gleichzeitig wird durch dieses Verfahren der Teil des Magens entfernt, in dem das Hormon Ghrelin gebildet wird, welches für das Hungergefühl verantwortlich ist. Die Patient:innen verspüren hierdurch postoperativ kaum Hunger.
Durch die Schlauchform wird die Nahrungspassage beschleunigt. Während üblicherweise die Speisen – abhängig von Zusammensetzung und Art – etwa ein bis drei Stunden im Magen verbleiben, verkürzt sich die Verweildauer nach Schlauchmagen-Operation auf nur ca. 20 bis 40 Minuten. Vor allem Getränke werden schnell in den Dünndarm weitertransportiert. Auch Alkohol wird daher rasch und in gesamter Menge auf einmal aufgenommen. Dies lässt den Blutalkoholspiegel schneller und höher ansteigen.
Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen nach der Magen-OP
Im Magen findet normalerweise die Vorverdauung von Nährstoffen statt. Mikronährstoffe werden von Magensäure und Verdauungsenzymen aus der Nahrung ausgelöst zur weiteren Verdauung und Resorption im Dünndarm. Dies wird durch die starke Verkleinerung des Magens behindert.
Verschiedene Mikronährstoffe, u. a. Calcium, Zink und Vitamin D werden daher schlechter resorbiert und müssen über Nahrungsergänzung zugeführt werden. Insbesondere findet auch die Bildung der Vorstufe des Vitamins B12 (Komplex mit Intrinsic Factor) häufig nicht ausreichend statt, so dass Vitamin B12 auf andere Weise zugeführt werden muss.
Veränderte Nahrungsaufnahme durch Magenbypass
Bei den Magenbypass-Verfahren werden zwei Methoden zur Gewichtsabnahme kombiniert:
- Verringerung der Nahrungsmenge, die bei einer Mahlzeit aufgenommen wird, durch Bildung eines kleinen Magenpouchs
- Reduzierte Verwertung der aufgenommenen Nahrung. Durch die Ausschaltung von Teilen des Dünndarms, wird die Fettverdauung eingeschränkt. Hierdurch kann es bei fettreicher Ernährung zu Durchfällen und Fettstühlen kommen.
Analog zum Schlauchmagen hat der Bypass Einfluss auf Passagezeit und Vorverdauung von Mikronährstoffen. Ergänzend kommt die Umgehung von Teilen des Dünndarms hinzu, so dass hier wichtige Mineralien und Vitamine nicht mehr komplett resorbiert werden können. Neben einer ausgewogenen Ernährung ist daher eine lebenslange Ergänzung mit Mikronährstoffen erforderlich.
Leben mit der Magen-OP: In das neue Essverhalten starten
Eine bariatrische OP ist für viele Menschen der Start in einen neuen Lebensabschnitt. Eine angepasste Ernährung vor und nach dem Eingriff ist jedoch wichtig, um beschwerdefrei und gesund zu bleiben. Eine Ernährungstherapie kann dabei helfen, die Ernährungsumstellung erfolgreich umzusetzen und von der neuen Lebensqualität zu profitieren.
Wie und warum sollte die Ernährung bereits vor einer bariatrischen Operation umgestellt werden?
Eine bariatrische Operation unterstützt die Patient:innen bei der Gewichtsreduktion – sie ist allerdings keine Garantie dafür, das Zielgewicht erreichen und halten zu können.
Durch eine gezielte Ernährungsberatung können ungünstige Essgewohnheiten, wie zum Beispiel schnelles Essen, zu geringe Flüssigkeitsaufnahme, Umgang mit süßen Snacks u. ä. bereits vor einer Operation verändert und gefestigt werden. Insbesondere werden bei der präoperativen Ernährungstherapie folgende Themenschwerpunkte behandelt:
- Ernährungsanamnese
- Mahlzeitenstruktur
- Trinkmenge
- Auswahl der Getränke
- Auswahl der Lebensmittel & Nährstoffe (Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate)
- Portionsgrößen
- Essgeschwindigkeit/Kauen
- Essverhalten: emotionales Essen und Umgang mit Gelüsten
- Rückfallprophylaxe
- Fastenphase präoperativ, Kostaufbau postoperativ, Nahrungsergänzung
Die „Flüssigphase“ vor einer bariatrischen OP
In vielen Adipositaszentren wird 14 Tage vor der geplanten Operation eine Fastenphase, auch „Eiweiß- oder Flüssigphase“ genannt, empfohlen. Neben einer Gewichtsabnahme hat dies vor allem zur Folge, dass der Fettanteil der Leber rasch abnimmt. Dies erleichtert den Zugang zum Magen bei der Operation und verbessert den Leberstoffwechsel.
Die Fastenphase kann bzw. muss beispielsweise bei schwer einstellbarem Diabetes mellitus oder Nierenerkrankungen nach Rücksprache mit dem Adipositaschirurgen / der Adipositaschirurgin individuell auf Patient:innen angepasst werden.
Die Ernährung in der Flüssigphase vor der bariatrischen OP setzt sich aus einem hohen Anteil eiweißreicher Lebensmittel und geringem Kohlenhydrat- und Fettanteil zusammen. Dabei können 2-3 Mahlzeiten mit Eiweißshakes (mindestens 80 % Eiweißanteil, möglichst auf Molken-/Milchbasis) ersetzt werden. Wichtig ist ausreichendes Trinken, mindestens 2,5 l/Tag.
Umsetzungsbeispiel:
- 3 x täglich einen Eiweißshake; ca. 500 Gramm Gemüse/1-2 EL hochwertiges pflanzliches Öl /Tag, Gemüsebrühe, Tee, Wasser, 150-200 g Quark oder körniger Frischkäse
ODER - 2 x täglich einen Eiweißshake; 1 normale Mahlzeit mit fettarmem Fleisch oder Tofu, Gemüse
Während der Fastenphase nicht geeignet sind kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Müsli, Brot, Nudeln, Kartoffeln, Reis, Obst und Obstsäfte (Fruchtzucker), gesüßte Getränke, Alkohol.
Quellen:
- Deutsches Ärzteblatt 2022; 119: 70-80; DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0359, Gewichtsverlust, metabolische Veränderungen, onkologische Effekte und Nachsorge
- S3-Leitlinie 2018: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen, Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie